Graf-Anton-Günther-Schule

Aufgewachsen bin ich in Oldenburg i.O. Hier besuchte ich erst die Evangelische Volksschule Kreyenbrück und später die Graf-Anton-Günther-Schule (GAG), die ich aber wegen mangelnder Leistung vorzeitig verlassen musste. Die Lehrer der Graf-Anton-Günther-Schule waren in meiner Erinnerung interessante Persönlichkeiten, an die ich mit Hochachtung zurückdenke.

Ein Gymnasium in Kurzform

Das Gymnasium befindet sich in der Oldenburger Schleusenstraße, nur wenige Meter vom Küstenkanal entfernt. Schulträger war nicht die Stadt, sondern der Landkreis Oldenburg. Das ist wohl auch der Grund, warum die Schule erst mit der siebten Klasse begann und als Gymnasium in Kurzform bezeichnet wurde. Die Schule nahm bevorzugt Schüler auf, die außerhalb der Stadt wohnten. Entsprechend lang war der Schulweg dieser Schüler. Viele von ihnen reisten mit der Bahn an.

Die Schule und ihre Lehrer

Graf Anton Günther mit Pferd Kranich

An meine Schulzeit und die ehemaligen Lehrer, die an der Graf-Anton-Günther-Schule unterrichteten, denke ich gerne zurück. Viele von ihnen sehe ich deutlich vor mir: die erste Klassenlehrerin Helene Müller (Mathematik), den Lehrer Wolfgang Schieke (Deutsch, Erdkunde), den Gründer des Oldenburger Jugendchores, Heinz Kanngießer (Musik), die Lehrer Ulrich Willenbücher (ebenfalls Deutsch), Karl Vogt (Kunst), Karl Scheller (Sport) und viele andere.

Dazu gehören der während des Krieges aus einem Gefangenenlager geflohene Dr. Werner Storkebaum (Erdkunde), der unter erhöhtem Blutdruck leidende Bodo Semmler (Latein), sowie die Lehrer Voigt oder Voget (Geschichte, Sport), Wieting (Physik), Heise, Ohlsen oder Olsen, Sternagel, Lothar Schwatlo (ein Neffe meiner Großtante Ida Schwatlo), die Lehrerinnen Ilsemarie Primke (Biologie), Baltrusch und Hippert sowie die ehemaligen Schulleiter Hans Dumkow und Günther Solling. Die Namen anderer ehemaliger Lehrer sind mir leider entfallen.

Leider kann ich mich auch nicht an den Namen des ehemaligen Studienassessors erinnern, der im Jahr 1969 an unserer Schule zeiweise das Fach Gemeinschaftskunde unterrichtete. Nur dessen Gesicht (er war Brillenträger) sehe ich deutlich vor mir. Hieß er Steinmann oder Steinberg?

Auf den Unterricht dieses Lehrers freute ich mich ebenso wie auf die Deutschstunden des Lehrers Wolfgang Schieke. Der Lehrer Wolfgang Schieke verstand es, die Schüler zu begeistern. Er war selbst ein ehemaliger Schüler der Graf-Anton-Günther-Schule. Im Jahr 1954 hatte er das Abitur bestanden. Wolfgang Schieke starb Anfang 1997. Er wurde nur 63 Jahre alt.

Wolfgang Schieke war ein Freigeist, der unter seinen Kollegen als „Nonkonformist“ anerkannt war. Als elfjähriger Schüler kannte ich den Begriff nicht. Aber ich spürte von Anfang an, dass Wolfgang Schieke ein außergewöhnlicher Lehrer war. Schon Wolfgang Schiekes Vater war Lehrer gewesen.

Die Schule und das Hotel Wieting

Ehemalige Hotel-Fassade

Wenn sich die Lehrer der Graf-Anton-Günther-Schule im kleinen Kreis vertraulich miteinander unterhalten wollten, taten sie das in der Regel nicht im Lehrerzimmer der Schule, sondern konspirativ im Hotel Wieting am Damm. Das Hotel Wieting liegt nur wenige Schritte von der Graf-Anton-Günther-Schule entfernt an der Straße, die zur Cäcilien-Hubbrücke führte. Hier fühlten sich die Gesprächspartner vor Mithörern sicher. Das erfuhr ich Jahrzehnte später von der Senior-Chefin des Hotels Wieting.

So oft ich meine alte Heimatstadt Oldenburg besuche und im Hotel Wieting übernachte, sehe ich die ehemaligen Lehrer der Graf-Anton-Günther-Schule (GAG) vor mir, wie sie in einer Ecke des Gastraums tief in ein Gespräch versunken sind.

Die Schule und ihr Schüler Klaus „Pu“ Schröder

An dieser Stelle will ich auch einen ehemaligen Schüler würdigen. Er hat die Graf-Anton-Günther-Schule (GAG) viele Jahre vor mir besucht und – im Gegensatz zu mir – erfolgreich abgeschlossen. Es handelt sich um den Oldenburger Anarcho-Syndikalisten und selbsternannten „Alltags-AnarchistenKlaus „Pu“ Schröder („Anarchie heißt nicht Chaos, sondern Ordnung ohne Herrschaft“). Nach dem Abitur hatte Klaus „Pu“ Schröder eine Zeitlang im Hamburger Hafen gearbeitet. Doch die längste Zeit seines Berufslebens war er als Tischler, der Bücherregale baute, und als Buchhändler bzw. Antiquar tätig gewesen.

Klaus „Pu“ Schröder hat sich immer wieder für die Interessen der Schwächsten, insbesondere für die Rechte der Jugendlichen und Obdachlosen, eingesetzt. Das ist einer der Gründe, warum sein freundliches Gesicht in Oldenburg „stadtbekannt“ ist. Jedesmal, wenn ich mich in meiner alten Heimatstadt Oldenburg aufhalte und zufällig auf Klaus „Pu“ Schröder stoße, freue ich mich. Mit Klaus „Pu“ Schröder, dem „Alltagsanarchisten“, befindet man sich in guter Gesellschaft.

Von der Schule zum Hafen

Trotz der großartigen Lehrer, die an der Graf-Anton-Günther-Schule unterrichteten, war ich von der Schule gelangweilt. Als ich die Schule wegen ungenügender Leistungen verlassen musste, hatte ich nicht einmal den Hauptschulabschluss erreicht. Aber das war mir egal. In der Welt, in der ich leben wollte, kam es darauf nicht an. Das glaubte ich jedenfalls.

Die Welt, nach der ich mich sehnte, war die Welt der Häfen und der Seeleute. Diese Welt hatte ich als Schüler oberflächlich kennengelernt, als ich in einem der Umschlagbetriebe, die im Oldenburger Hafen ansässig waren, mitgearbeitet hatte. Nach dem Abgang von der Schule lernte ich diese Welt noch besser kennen. Mehr dazu in: Oldenburger Hafenromantik.